28/01/2025 0 Kommentare
WENN DAS SPIELEN (IM INTERNET) ZUR SUCHT WIRD
WENN DAS SPIELEN (IM INTERNET) ZUR SUCHT WIRD
# Themenschwerpunkt

WENN DAS SPIELEN (IM INTERNET) ZUR SUCHT WIRD
Sören Schmidt, 18, geht in die 13. Klasse der BBS Gesundheit und Soziales. Er hat als Schwerpunkt Pädagogik gewählt und dort seine Facharbeit zum Thema „Computerspielsucht“ geschrieben. Er zockt selber auch gerne – am liebsten Schach, fortnite und Multiplayer-Spiele.
Sören, was macht für dich den Reiz beim Computerspielen aus?
Vor allem die Abwechslung. Gerade bei den multiplayer games (Anm. der Red: Spiele, in denen mehrere Spieler mit- oder gegeneinander spielen im Gegensatz zu den Spielen, in denen man alleine oder gegen den Computer spielt) kann man gut Leute kennen lernen, die aus anderen Ländern und Kulturen kommen. Das finde ich spannend und es schult mein Englisch. Natürlich machen die Spiele auch einfach Spaß.
Das muss man vielleicht für Nicht-Spieler erklären: Wenn ihr spielt unterhaltet ihr euch über ein Headset. Ihr redet also tatsächlich miteinander. Kann man darüber auch Freunde finden oder ist es doch sehr anonym?
Kann man – aber es passiert in meiner Wahrnehmung eher selten. Ich habe mich erst einmal mit jemandem tatsächlich getroffen, den ich aus dem Netz kenne. Das ist wohl aber auch Typfrage. Die Anonymität ist ja gut und schlecht zugleich. Man nennt eigentlich nie seinen echten Namen sondern spricht sich mit selbst ausgesuchten Spielernamen an. Ich weiß also nicht so genau, wer da am anderen Ende sitzt – auch wenn ich natürlich die Stimme hören kann. Für Menschen, die im real life (Anm. der Red.: im echten Leben, also außerhalb des Computers) eher introvertiert sind und nicht so leicht Kontakte finden, ist das aber auch eine gute Chance. Online ist es leichter, ins Gespräch zu kommen.
Deine Facharbeit hast du mit mehreren Freunden über das Thema „Computerspielsucht“ geschrieben. Ab wann spricht man von einer Sucht?
Ich versuche mal, das möglichst einfach zu erklären. Computerspielsucht ist eine Erkrankung, die seit 2022 von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) als psychische Störung eingeordnet wird. Für eine Diagnose müssen diese Faktoren vorhanden sein:
- Das Spielen bekommt Priorität über wichtige Dinge wie z.B. Freunde, Hobbys, Beruf/Schule oder auch Körperhygiene und Ernährung.
- Die Spielenden haben keine oder nur eingeschränkte Kontrolle über ihr Spielverhalten. Sie können selbst dann nicht aufhören, wenn ein wichtiger Termin ist.
- Das Spielen wird auch dann fortgesetzt, wenn bereits negative Konsequenzen eingetreten sind. Das kann in Schule/Beruf sein, bei der eigenen Gesundheit oder im persönlichen Bereich. Die Betroffenen leiden darunter, sind aber nicht mehr in der Lage, das Spielen zu beenden.
- Die Symptome sind anhaltend und wiederkehrend.
- Die Symptome müssen seit mindestens 12 Monaten vorhanden sein.
Hat sich durch die Beschäftigung mit dem Thema in deinem eigenen Spielverhalten etwas geändert?
Ich achte mehr darauf, welche Spiele ich spiele, wie viel Zeit ich dafür nutze und und ob ich dafür Geld ausgebe. Wir haben uns unter anderem auch damit befasst, welche Faktoren bei einem Spiel eingesetzt werden, damit man immer weiter spielt. Mir war vorher nicht klar, dass in den Marketing-Abteilungen auch erforscht wird, wie man Spieler möglichst lange bei der Stange halten und zum Geld ausgeben bringen kann. Denn letztlich geht es ja um Profit, nicht um Spielspaß. Das fördert natürlich das Suchtverhalten. Vor allem bei Handyspielen ist das auch relativ einfach zu sehen: Durch Erfolgserlebnisse wird im Gehirn Dopamin ausgeschüttet das – verkürzt gesagt – glücklich macht. Dieses Glück will man natürlich gerne immer wieder. Das wird schon durch kleine Belohnungen wie ein tägliches Begrüßungsgeschenk oder eine kleine Aufgabe, die man täglich erledigen kann ausgelöst. Oft werden diese Erfolgserlebnisse schneller erreicht, wenn man Geld bezahlt oder man bekommt für einen bestimmen Zeitraum größere Belohnungen, wenn man bezahlt.
Auch immer neue Herausforderungen halten Spielende bei der Stange, zum Beispiel in dem neue Funktionen eingebaut werden.
Ich weiß aus eigenem Erleben, dass sich die Technik und die Spiele so rasant entwickeln, dass man als Eltern oft etwas ratlos daneben steht. Hast du noch einen guten Rat für Eltern, deren Kinder gerne zocken?
Ich finde, dass Verständnis besser ist als Verbote. Es ist gut, sich aus der Spielewelt erzählen zu lassen um zu verstehen, warum das so faszinierend ist. Alle erzählen gerne von ihren Erfolgen und das Spielen gehört mittlerweile zur Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen. Also erzählt man auch gerne davon. Zuhören und interessiert nachfragen ist auf jeden Fall eine gute Idee. Auch wenn das manchmal viel Geduld erfordert weil dabei Begriffe benutzt werden, die man nicht als „Nicht-Spieler“ nicht gleich versteht.
Vielen Dank für Deine Zeit!
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